Reizbar, müde, antriebslos und grundlos traurig: Solche Phasen macht fast jeder im Laufe des Lebens mal durch. Doch ab wann sollte man sich Gedanken machen, ob hinter dem Stimmungstief ein ernstes seelisches Leiden steckt? Worin unterscheidet sich ein vorübergehender Alltagsblues von einer echten Depression?
Laut Experten wird die Forschung zu psychiatrischen Erkrankungen leider immer noch vergleichsweise stiefmütterlich behandelt. Viele nehmen die hohen Zahlen der an Depression Erkrankten immer noch nicht ernst. Oft heißt es: „Ach, der ist doch nur ein bisschen traurig, der muss doch nicht behandelt werden.“ Aber manche Menschen zerbrechen unter dem Druck ihrer kranken Psyche.
Ein Mensch fühlt sich traurig und leer, er hat kaum noch Freude an seinem Tun. Die Niedergeschlagenheit hält an, ohne dass es dafür einen äußeren Anlass gibt. Gefühle wie Freude, Lust auf Sex, Zufriedenheit und die Fähigkeit, Liebe zu empfinden, werden blasser. Antriebs-, Kraft- und Hoffnungslosigkeit sowie Interessenverlust, Konzentrationsstörungen und innere Leere legen sich wie ein Bleimantel über die Seele. Betroffene schlafen schlecht, können nicht abschalten und sind müde, fühlen sich oft aber gleichzeitig auch getrieben und unruhig. Depressivität kann sich auch als Fahrigkeit, Nervosität, Hektik und Aufregung bemerkbar machen. Beides tritt gleichzeitig auf: Erschöpfung und Anspannung. Diese Kombination ist besonders quälend. Auch körperliche Symptome können sich bemerkbar machen, zum Beispiel Störungen des Magen- und Darmtrakts, ebenso Appetitlosigkeit. Weitere Alarmsignale sind Atemnot, Herzrasen, Bluthochdruck, Schwindel, Muskelverkrampfungen, Kopf- und Rückenschmerzen. Aus der seelischen wird eine körperliche Krankheit. Die permanente Ausschüttung von Stresshormonen beeinflusst den gesamten Organismus und damit auch das Herz-Kreislauf-System. An einer Depression Erkrankte besitzen daher ein um 60 Prozent erhöhtes Herzinfarktrisiko.
Es gibt viele Möglichkeiten, depressiven Episoden vorzubeugen. Zur Prävention kann man einiges tun.
Lebensstil
Lebenseinstellung
Essen und Trinken
Bewegung und Entspannung
Burn-out oder Depression? Falls es einen Unterschied gibt: Das sogenannte Burn-out-Syndrom ist eher kontextbezogen. Die Ursachen sind häufig berufsbedingt. Depressionen sind eher kontextfrei und betreffen alle Bereiche des alltäglichen Lebens. Zusätzlich werden Depressionen meist als Dauerzustand beschreiben, während Betroffene eines Burn-out-Syndroms auch unbeschwerte Phasen durchleben. Ein Burn-out kann als Vorstufe beziehungsweise Alarmsignal für eine entstehende Depression angesehen werden. Es gilt in gewisser Weise auch als Modediagnose: Das Symptom der Eifrigen und Aktiven akzeptieren Betroffene leichter als die harte Diagnose Depression. Die meisten Psychiater setzen Burn-out und Depression jedoch gleich: Die Diagnose lautet ausnahmslos Depression.
Bei schweren Depressionen sind Antidepressiva unverzichtbar, in Studien wurde ihre Wirksamkeit gut belegt. Diese Mittel sind verschreibungspflichtig. Leider wirken Antidepressiva nicht so rasch wie zum Beispiel Schmerzmittel, sondern erst nach mindestens zwei Wochen. Anders als viele befürchten, machen Antidepressiva nicht süchtig und verändern auch nicht die Persönlichkeit. Es ist wichtig, dass die Therapie vom Arzt begleitet wird und sich Patienten auch andere seelische Unterstützung suchen, zum Beispiel eine Psychotherapie.
Bei leichten und mittelschweren Stimmungstiefs können auch frei verkäufliche pflanzliche Mittel helfen: Die bekannteste stimmungsaufhellende Pflanze ist das Johanniskraut (Hypericum perforatum). Lassen Sie sich in der Apotheke beraten. Wichtig: Nehmen Sie am besten früh ärztliche und/oder psychotherapeutische Hilfe in Anspruch.
Wenn ein Mensch bereits Anzeichen einer Depression zeigt, etwa unter Schlafstörungen leidet oder seine Gedanken ständig Karussell fahren, sollte er so früh wie möglich professionelle Hilfe suchen. Erster Ansprechpartner kann der Hausarzt sein. Er wird in den meisten Fällen zu einer Psychotherapie raten. Bei anhaltenden Beschwerden sind neben der Therapie auch Antidepressiva angezeigt. Gängig sind Serotonin- oder Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, kurz SSRI genannt. Bei wahnhafter Depression ist eine Kombination mit einem Neuroleptikum möglich. Hilfreich für viele Betroffene ist der stationäre Aufenthalt in einer Klinik oder eine regelmäßige ambulante Behandlung in einer Tagesklinik.
Wichtig: Leiden Sie nicht unnötig, sondern suchen Sie sich rechtzeitig Hilfe. Es ist immer möglich, aus dem Teufelskreis der Stimmungstiefs auszubrechen. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt!